Sprachkritisch unterwegs – Foruminfo 05/2015

In der Flüchtlingsdebatte wird von vielen Seiten vorgetäuscht, irregeführt oder auch danebengegriffen: als Unwort für Untaten macht „Asylkritik“ die Runde, von Protesten „besorgter“ Bürger ist die Rede, Politiker nennen ebensolche Bürger wahlweise „Pack“ oder „verunsicherte Mitte„, andere denken laut über die  „Leistungen“ für Asylbewerber nach. Jenseits dieser Konflikte baut eine Firma im Silicon Valley an ihrem allmächtigen „Alphabet„. Hier sind die Wegweiser zur Lektüre…

(1) Ein Unwort für Untaten: Asylkritik

Anatol Stefanowitsch hat für DER STANDARD einen Gastkommentar geschrieben. „Politische Euphemismen sind problematisch – sie verleihen fremdenfeindlichem Denken und Handeln eine Aura der Legitimität. […] Das gilt aktuell für die Wörter ‚asylkritisch‘ und ‚Asylkritiker‘, die sich in den letzten Jahren vor allem im bundesdeutschen Sprachgebrauch als beschönigende Bezeichnungen für alle möglichen Schattierungen rechten, fremdenfeindlichen und rassistischen Denkens und Handelns etabliert haben.“ Hier ist der Artikel: „Ein Unwort für Untaten“ (3.8.15)

(2) Proteste der „besorgten“ Bürger

Wenn besorgte Menschen sich irgendwo äußern, dann sind das zunehmend Menschenfeinde, stellt Martin Haase auf NEUSPRECH fest: „Wer besorgt ist, macht sich Gedanken und will möglicherweise sogar etwas zum Positiven verändern. Jedoch wird besorgt leider auch in einem ganz anderen Kontext verwendet: als Euphemismus für fremdenfeindlich, rassistisch oder schwulenfeindlich… Worum sie sich eigentlich sorgen, bleibt unklar. Um das Schicksal der Flüchtlinge jedenfalls nicht.“ Mehr im Beitrag „besorgt“ (24.8.15)

(3) Pack, Vertriebene und die verunsicherte Mitte

Drei umstrittene Schlagwörter in der gegenwärtigen Asyldebatte analysiert Anatol Stefanowitsch auf SPRACHLOG. Sigmar Gabriel hat u.a. die „verunsicherte Mitte“ ins Spiel gebracht – als „Bezeichnung für Menschen, die zwar weder verunsichert noch Mitte sind, die man aber nicht mehr als ‚asylkritisch‘ oder als ‚besorgt‘ bezeichnen kann, ohne den Spott mitdenkender Menschen heraufzubeschwören. Mehr zu diesem Schlagwort sowie zum „Pack“ und zu den „Vertriebenen“ ist in seinem Blog (28.8.15) zu lesen.

(4) Von „Leistungen“ für Asylbewerber

„Wir können im Leistungsbereich auch unter Wahrung der Menschenwürde doch einiges tun.“ meint Thomas de Maizière. Auf NEUSPRECH kommentiert Martin Haase, warum man lieber „im Leistungsbereich etwas tut“ als „Mittel kürzt“: „Dass Politiker etwas tun können und auch sollten, ist unstrittig. Im obigen Zitat von Innenminister Thomas de Maizière ist allerdings nur aus dem Kontext zu erkennen, was er tun will: Asylbewerbern sollen Leistungen gekürzt werden.“  Hier geht’s zum Kommentar (15.8.15).

(5) Von Google zum „Alphabet“

Matthias Heine erörtert in der WELT Googles Allmachtsanspruch und die Hintergründe seines neuen Firmennamens. „Wenn Google sich Alphabet nennt, grenzt das an Selbstvergottung. Aber es ist auch ein Lob der uralten Schriftkultur des Abendlandes. Denn die Erfindung des Alphabets war wichtiger als das Internet…“ Mehr dazu in seinem lehrreich-unterhaltsamen Artikel (11.8.15).

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

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